Der Nachlass von Brigitte Aloise Roth befindet sich im Archiv und Dokumentationszentrum basis wien. Ein Großteil der darin enthaltenen Fotos der Künstlerin, Aktivistin, Lehrerin, Performerin und Dokumentarin werden derzeit digitalisiert und laufend auf dieser Website veröffentlicht. Bis Ende 2025 werden die Digitalisate auch auf Kulturpool, der Plattform für das digitalisierte kulturelle Erbe Österreichs, eingespielt und in weiterer Folge über das europäische Langzeitrepositorium Europeana unter der Lizenz CC BY-NC-SA zur Verfügung gestellt.
Damit erreicht ein großer Teil Brigitte Aloise Roths fotografischen Werks Veröffentlichung und ermöglicht Einblick in die künstlerische und fotografische Praxis. Roth, die 1953 in Wien geboren, ihre Kindheit in St. Pölten verbrachte, studierte Anfang der 1970er Jahre an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und schloss ihr Studium mit der Arbeit „Hampelfrau“ 1974 ab.* Die Veröffentlichung dieses fotografischen Vermächtnisses resultiert aus dem Bestreben, Leben und Werk einer Person anzuerkennen, die sich der Bedingungen und Gegebenheiten, als Frau im Österreich der 2. Republik künstlerisch zu arbeiten, in besonderem Maße bewusst war.
Durch die vorliegenden Objekte lässt sich feststellen, dass Brigitte Aloise Roth ab dem Jahr 1971 einen Fotoapparat zur Erstellung von Bildern benutzte und ihr gesamtes Leben lang fotografierte. Welche Modelle, welche Marken und welche Filme sie verwendete, sind bislang unbekannt.
Bei chronologischer Betrachtung der schwarz-weißen Fotografien finden sich zu Beginn Studienreisen nach Italien, Frankreich und die Türkei, Nahaufnahmen von Strukturen, Architektur, kulturellen Objekten, die Erfassung einer österreichischen Umgebung der späten Nachkriegszeit, deren Versorgungsstruktur und Landschaft in detaillierten Beobachtungen. Bald schon zeigt sich Roths Interesse an experimentellen Theatergruppen, Schulprojekten, der Dokumentation von Ausstellungen, Eröffnungsszenerien, Theaterstücken und Podiumsdiskussionen, sie wird Teil kulturellen Geschehens.
Die Zeit in New York Ende der 1980er Jahre markiert einen Bruch, der sich in Brigitte Aloise Roths fotografischem Blick ab den 1990er Jahren niederschlägt. Die vorliegenden Objekte indizieren eine deutliche Abwendung von ihren vorherigen Interessen. Die Fotografien bilden aktivistische Momente in Wien ab, zeigen Demonstrationen, deren Vorbereitung und Durchführung von Brigitte Aloise Roth aktiv verfolgt wurde, des Weiteren dokumentiert sie Straßenaktivismus und alternative Schulprojekte.
Wie kommt es nun dazu, dass sich das Archiv und Dokumentationszentrum für zeitgenössische Kunst basis wien diesem fotografischen Nachlass widmet?
Susanne Kompast, Freundin und Weggefährtin von Brigitte Aloise Roth, sicherte nach deren Tod im Jahr 2018 den gesamten fotografischen Nachlass. Bereits zu diesem Zeitpunkt nahm Susanne Kompast Kontakt zum Team des Archivs basis wien auf, die sich zur Sicherung und Abklärung beratend einbrachten. In weiterer Folge lagerte Susanne Kompast den Nachlass in ihrem damaligen Haus in der Werkbundsiedlung. Die Sackerl, Kisten und Stapel blieben zum Teil unberührt, die Menge der einzelnen Negative und Fotos schien unerfassbar. Nach einigen Jahren und Susanne Kompasts Umzug gelangte der Nachlass, zunächst als sichere Zwischenstation gedacht, ins Archiv und Dokumentationszentrum basis wien. Das Team der basis wien organisierte den Transport und begann das Material grob zu erschließen. Der 2024 veröffentlichte Call zur Erschließung des kulturellen Erbes Österreichs, mit dem Ziel, die europäische Datenbank Europeana mit Bildmaterial zu Objekten zu befüllen, gab den Anstoß den Nachlass zu digitalisieren.
Die Betitelungen und Datierungen werden, soweit vorhanden, von Brigitte Aloise Roths handschriftlichen Bezeichnungen übernommen. Über Hinweise oder Korrekturen zu Personen, Orten, etc. sind wir dankbar und bitten um Kontaktaufnahme. Die weitere Erschließung und Verschlagwortung des Nachlasses erfolgt nach standardisierter, archivarischer Methode. Es wird darauf geachtet, Persönlichkeitsrechte zu wahren. Bitte wenden Sie sich an uns, falls Sie Abbildungen Ihrer Person im Nachlass vermuten und diese als Teil des Nachlasses zur Veröffentlichung des kulturellen Erbes freigeben möchten.
Das Archiv und Dokumentationszentrum sammelt seit den 1990er Jahren diverse Objekte, großteils Ephemera, und erfasst sie digital über eine Datenbank. Die seit 1999 als Online-Nachschlagewerk zum zeitgenössischen Kunstfeld in Österreich betriebene Datenbank konnte mit dem Softwareentwickler Tilmann Singer in einer fünfmonatigen intensiven Zusammenarbeit um eine neue, webbasierte Eingabemaske erweitert werden. Diese entspricht den neuesten technischen Standards und bietet optionale redaktionelle Bearbeitungsmodi. Dies war als Voraussetzung für die Erschließung des Nachlasses notwendig und bietet hinfort allen das Archiv und die Datenbank Nutzenden eine modernisierte, sichere Infrastruktur, die weiterhin autonom betrieben werden kann.
* Im Nachlass finden sich Studien, Cut-outs, Notizen, sowie unterschiedliche Ausarbeitungen zu „Hampelfrau“ (1974). Seit 2022 ist die Fotografie „Hampelfrau“ Teil der Sammlung Verbund und wird im Rahmen der Sammlungsausstellungen zur feministischen Avantgarde international gezeigt.